Straßen wo die Welt endet

Naja, nicht wortwörtlich. Es schaut aber verdächtig danach aus. Finden wir zumindest.

Mit wir sind Nadine und ich gemeint. Nadine habe ich damals in meiner ersten Woche in Toronto im Samesun Hostel kennengelernt. Dort haben wir einiges unternommen, bevor sich unsere Wege trennten, da wir beide ungefähr zur gleichen Zeit auf eine Farm gegangen sind, die sich zufälligerweise gar nicht so weit weg voneinander befanden. Dort blieben wir dann weiterhin in Kontakt und es stellte sich heraus, dass wir beide sehr gerne die Ostküste bereisen würden. Somit bot sich also die Möglichkeit das gemeinsam zu tun. Da jedoch die Infrastruktur außerhalb der Großstädte kaum vorhanden ist, wie bereits in einem anderen Beitrag erwähnt, ist der einzig gscheite Weg die östliche Seite Kanadas zu sehen übers Auto. Und so beschlossen wir gemeinsam genau dies zu tun: uns für drei Wochen ein Auto zu mieten und damit die drei östlichsten Provinzen „New Brunswick“, „Prince Edward Island (kurz: PEI) und „Nova Scotia“ abzufahren.

Nachdem wir uns am 1. Mai von unseren Farmen verabschiedeten und versprachen zurückzukommen, trafen wir uns am „Busbahnhof“ (einer Tankstelle) in Cobourg und fuhren nach Ottawa. Dort stiegen wir in einen Zug um und fuhren mit diesem nach Quebec City, der Hauptstadt der franzophonen Provinz Quebec, die an New Brunswick grenzt. Dort verbrachten wir dann 3 Nächte in einem ziemlich kleinen aber doch ausreichend großem Zimmer (mit Fensterbank!) einer Herberge und erkundeten die Stadt. (Übrigens: das Gebäude auf Bild 5 ist das meist fotografierteste Hotel der Welt. Da musste ich natürlich auch dazu beitragen, dass das weiterhin so bleibt 🙂 )

Unser Fazit: Die schönste Großstadt Kanadas die wir bis jetzt gesehen haben, in der aber leider wirklich nicht viel zu tun und sehen ist. Bereits an unserem ersten Tag sind wir unbewusst alle sehenswerten Plätze und Straßen abgegangen. So verbrachten wir unsere restliche Zeit mit einem eher enttäuschenden Besuch im „Musee de la civilisation“, einem sehr guten Abendessen in einem veganen Restaurant und einer Fährenfahrt nach Lévis, einer Stadt auf der anderen Seite des Sankt-Lorenz-Stroms, von welcher aus man die Altstadt Quebec Citys sehr gut sehen kann.

Achja und noch ein Highlight: ein Besuch in einem Weihnachtsshop, der das ganze Jahre über geöffnet ist und Weihnachtsdeko verkauft. Ich sag nur: sehr laute Weihnachtsmusik, ganz viel Kitsch und sehr viel Glitzer. 🙂

Am 4. Mai dann, nach der morgendlichen Fährenfahrt, die ich bereits erwähnt habe, stolzierten wir dann mit unserem ganzen Zeug Richtung Autovermietung. Online hatten wir uns bereits ein Auto ausgesucht und einen Abholtermin festgelegt. Dort angekommen sollten wir dann eigentlich nur noch eine Kreditkartennummer und einen Führerschein hinterlegen. Das ganze kam aber etwas anders als erwartet. Da ich nämlich erst 18 war und somit das Mieten eines Autos nicht möglich ist, sollte das Auto auf Nadines Namen gemietet werden. Nachdem jedoch ein unerwartetes Problem mit der vorgesehen Kreditkarte aufkam, standen wir ratlos dort und wussten nicht genau, wohin mit uns. Leicht gestresst, versuchten wir mit dem sehr netten Mitarbeiter einen anderen Weg zu finden, wie wir schlussendlich doch an ein Auto kommen konnte. Und so stellte sich heraus, dass es anscheinend, doch möglich war das ganze unter meinem Namen zu machen.

Ein paar Minuten saßen wir dann noch immer gestresst, in unserem Mietauto. Wir hatten es geschafft! Das ganze zwar organisatorisch nicht ganz so wie wir es ursprünglich vorhatten aber geschafft ist geschafft. Mit einem Automatikauto (bei dem wir zunächst ein wenig überfordert waren, da keiner von uns beiden jemals zuvor, ein Automatikauto gefahren ist) genauer gesagt einem roten Nissan Versa machten wir uns dann also auf den Weg. Raus aus Quebec City in das uns noch Unbekannte.

Bevor es aber richtig losging, machten wir noch einen Stop bei einer Value Village Filiale (einer riesige Second Hand Geschäftskette, die alles Mögliche gebraucht zu einem sehr niedrigen Preis weiterverkauft). Da wir nämlich vorhatten im Auto zu schlafen, um uns ein wenig Geld zu sparen brauchten wir noch zwei Decken und einen Schlafsack für mich, denn die Wettervorhersagen kündigten für die nächsten paar Tage kalte Nächte an. Ausgestattet ging es dann aber wirklich los.

Unseren ersten Stopp legten wir nach ein paar wenigen Minuten ein, bei den sogenannten Montmorency Falls (ein 84 Meter hoher Wasserfall), nördlich von Quebec City. Hohe Erwartungen hatten wir nicht. Das, was wir sahen, war jedoch extrem beeindruckend. Dadurch, dass wir zuvor, als wir noch in Toronto waren, bereits zu zweit einen Tagesausflug zu den Niagara Fällen (in Vergleich zu welchen die Montmorency Falls 30 Meter höher sind) gemacht haben und von diesen leider doch sehr enttäuscht wurden, hatten wir einen Vergleichswert, was Wasserfälle angeht. Dadurch, dass die Natur rund um die Montmorency Falls fast unberührt ist (was man bei den Niagarfällen nicht sagen kann) und das ganze touristische rundherum besser aufgezogen ist, schaut der Wasserfall selbst auch viel imposanter aus. Von unten kommt man durch eine hölzerne Treppe nach oben, wo man zu einer Brücke spazieren kann, die sich direkt über dem Wasserfall befindet. Unser Schluss: die Montmorency Falls sind definitiv sehenswerter als die Niagarafälle.

Das letzte, was an diesem Tag noch auf unserer To-Do Liste stand, war es uns Essen für die nächsten paar Tage zu besorgen und einen passenden Schlafplatz zu finden. Um Ersteres zu erledigen, fuhren wir zu Walmart, welcher bis heute einer unserer treusten Begleiter ist. Zweiteres fand ich dann mithilfe einer App, die sich „Park4Night“ nennt. Mithilfe dieser kann man, wenn man mit einem Van oder wie wir mit dem Auto unterwegs sind, Parkplätze finden, an denen das Übernachtparken erlaubt ist, aber auch Toiletten, Wasserzugänge etc. Das Stehen an einem Ort wo Overnightparking erlaubt ist, ist nämlich in Kanada und den USA so ziemlich die einzige Voraussetzung, um im Auto schlafen zu dürfen.

Nach einer ersten sehr unangenehmen und kalten Nacht (der Plan im Kofferraum zu schlafen ging nicht ganz so auf wie erhofft, da die umgeklappte hintere Sitzreihe nicht auf gleicher Ebene mit dem Kofferraum war) hatten wir dann nach der 3 Nacht ein ganz gutes Konzept entwickelt (der Plan mit dem Kofferraum wurde verworfen und seitdem schlafen wir auf dem nach hinten gelehntem Fahrer- und Beifahrersitz). Und so begann unsere Reise. Unsere Fahrt entlang der Straßen wo die Welt endet.

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